Selbsttest

Meist kommt hier die rethorische Frage nach der Selbsttestqualität.

Da ich sie nicht stelle, werde ich sie auch nicht beantworten. ;-)

Auf die TÜV-Konformität der Umbauten hier einzugehen, wäre Lapskaus nach Flensburg zu tragen.

Zum Motor:

Einzylinder waren schon immer rauhe Gesellen, bevor BMW eine Einspritzung dafür baute. In seinen Grundfesten Ende der achtziger Jahre von Yamaha entwickelt, muß sich das MZ-Triebwerk als Fünfventiler mit Ausgleichswelle keineswegs vor der Konkurrenz verstecken. Wird bei den Verbrauchswerten gerne etwas untertrieben, so pegelt sich der Konsum bei realistischen 5,5 bis 6 Litern ein, bei zügiger Fahrweise im Mittelgebirge. 100mm Bohrung schinden Eindruck und lassen sich nicht verhehlen. Unter 2500 auf der Kette hackend, wandelt sich das Aggregat ab 3000 Touren in einen relativ sanften Single, in oberen Gängen sollten trotzdem mindestens 3500 Touren anstehen, schon wegen dem 4. und 5. Gangradpaar, welche bei untertouriger Fahrweise bereits ab 30.000 km heulende Geräusche durch beginnendes Pitting abgeben könnten.

Der Durchzug stimmt, laut stampfend marschiert die Skorpion in mittleren Drehzahlen vorwärts. Ab 5500 Umdrehungen wird es etwas zäher. Trotzdem dreht der Motor willig weiter und rennt bei 7200 Touren in den Begrenzer. Die Drehzahlmessernadel zuckt, der Motor stottert. Gefährlich nur für den Drehzahlmesser, der nicht zu den exaktesten Gattungsvertretern zählt und schon gar nicht zu den langlebigen unter ihnen.

Der BSM-Auspuff und die Vergaseroptimierung helfen aber, dem manchmal als phlegmatisch beurteilten Motor seine Leistungsfreude über das gesamte Drehzahlband zu verteilen. Der Durchzug stimmte jedoch schon vorher. Mit einer satten und plateauartigen Drehmometkurve gesegnet, bollert die Skorpion bei mittleren Drehzahlen am schönsten dahin. Oft ertappt man sich dabei, wie man nur um des Schaltens Willen schaltet, um das gierige Klopfen aus Airbox nochmal zu hören.

Ohne den Schnorchel noch öfter. Ram-Air-technisch ohne Belang und zudem bleischwer, wird dieses unschöne Teil oft entfernt, um dem Motor die Ventile im Fahrbetrieb abzuhorchen. Diagnose: Bärig.

Zur entfernten Benzinpumpe nur soviel: Dem Motor ist es völlig wurscht. Der Vorbesitzer meinte, dies helfe gegen die bei manchen Maschinen ausgeprägte Startunwilligkeit. Nach ausgiebiger Recherche im www und dem Ausbau des Vergasers zum Reinigen steht für mich aber fest, dass es die Mengen an nichtvergurgeltem Restsprit im Vergaser sind, die nach ein paar Wochen Pause die Düsen zuharzen. Also entweder Vergaser leerfahren, entleeren an der Ablaßschraube oder einfach wieder mal fahren. 14 Tage ohne Fahren machen aber nichts. Mir aber. Länger hab ich's nicht ohne ausgehalten.

Das Getriebe besitzt knackige Schaltwege, sollte jedoch beim harten Beschleunigen vom ersten in den zweiten Gang präzise gefüsselt werden, sonst bleibt man im Leerlauf hängen. Ansonsten funktioniert es an meiner Maschine tadellos. Das Schaltschema umzudrehen, sollte eigentlich keine großen Schwierigkeiten bieten. nach dem nächsten Ritzelwechsel wird's angegangen, da die Schaltstange dann davor liegt.

Ansonsten gibt es einige Tuner, die der Skorpion auf die Sprünge helfen. Mit TÜV nur bei Bernd Lischo unter www.tunebike.de.

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Bremsen:

Wirkung hervorragend. Vorne wie hinten. Dosierung hängt stark von den verwendeten Belägen ab, hinten ist sie von Natur aus wohl etwas schlechter zu erfühlen.

Stahlflex serienmäßig besagt eigentlich alles. Auch Dauerbelastungen halten die Bremsanlagen stand, siehe Skorpion-Cup.

Fahrwerk:

Wohl das beste Kapitel an der Skorpion. Paioli vorne, Bilstein hinten. In Verbindung mit den geschmeidigen MEZ1, der eine hervorragende Eigendämpfung besitzt, sind die Federelemte allen Situation des auf und abseits des öffentlichen Straßenverkehrs gewachsen. Die Gabel dürfte für mein Gewicht etwas stärkere Federn haben, das Federbein etwas besser gedämpft sein. Die Grundeinstellung ist jedoch von der strammen Sorte, ohne auf Feinfühligkeit zu verzichten. Das Federbein ist in der Federhärte vierfach verstellbar, die zweite Stufe passte mir am besten (88kg).

Auch mit Sozius ist die Skorpion schnell. Etwas Nachwippen bei schwerern Leuten über meinem Eigengewicht, das wars auch schon. Mit einem 50Kilo Sozius geht alles.

Gut, manchmal fast alles;-) Beschwerden über das Motorrad gab's jedenfalls keine.

Das Rahmenlayout gibt sich puristisch stabil. Unterarmdicke Rohre aus sächsischem Stahl bilden den formschönen Hauptrahmen, der locker auch 100PS verkraften könnte.

Der Motor wird vorne von einem Hilfsrahmen mitgetragen.Der Lenkkopf macht einen unerschütterlichen Eindruck. Der Heckrahmen ist sturzfreundlich angeschraubt und ist ebenfalls aus Stahl. Fährt man solo, währe eine Aluversion sinnvoll. Schaun mer mal.

Um dem ansich schon handlichen Fahrwerk und den vorwitzigen Fahreigenschaften den letzten Schliff zu geben, sollten verlängerte Umlenkhebel montiert werden, wie sie auch im Skorpion-Cup verwendet werden. Zusätzlich brachte das Durchstecken der Gabel um 15mm den erwünschten Erfolg. Hart an der Shimmy-Grenze flitzt das Ding mit unter der Gabelbrücke montierten Lenkerstummeln ums Eck, dass eine wahre Freude ist. Dank an MZ, die verstellbaren Lenkerstummel wählte man von Tarozzi. Komfort ist anders, zugegeben. Unerschütterliche Stabilität, eine wahnwitzige Bodenfreiheit (Aufsetzen geht nur noch mit viel Engagement, sehr viel), zielgenau und in allen Situationen erhaben pfeilt der Sachsendonner durch die Kurven, dass überschwere Nakedbikes auch noch ihre Haut strippen. Wechselkurven sind nur noch geil, Richtungswechsel gehen spielerisch von der Hand. Vorsicht aber mit den Lenkerstummeln, Daumen frühzeitig einziehen beim Rangieren. Dachte ich früher, eine 250er Aprilia wäre das ultimative Landstraßenmotorrad, so hat sich diese Ansicht grundlegend verändert, als ich im Frühjahr 2001 eine versägt hab’. Engagierter Pilot, sinnige Höchstgeschwindigkeit, aber verschärfter Bremseinsatz und Funkengeraspel.

Suzukis RG250 gabs gleich dazu, aber der Fahrer war nicht sooo an einem Abtausch interessiert. Das Ducatis 748 nicht die Handlichste ist, war mir auch klar, dass man aber auf der Bremse Meter gutmachen kann und in schnellen Passagen nichts verliert ließ mich jubeln und den Duc-Piloten staunen. So kann’s gehen. Außerdem ist der Skorpionscheinwerfer eh nett anzusehen. Auch im Rückspiegel in Nahaufnahme.

Drumherum:

Die Verabeitungsqualität hat sich ab 1994 erstaunlich gesteigert, aus einem Kleinserienmotorrad ist ein klassischer Donnerbolzen geworden. Irgendwannn 1998 tauschte man die Instrumente gegen haltbarere, die aber nicht so schön anzusehen sind.

Die Lenkerarmaturen wackeln geringfügig. Unterlegen mit Doppelklebeband, Problem gelöst. Rücklichtbirnen sind sowieso meist im Angebot. Alle 1000km ist eine neue fällig. Einzylinder. Batterientechnisch ist die originale langlebig und die güstigste Wahl.

Das Kunststoffmaterial von Acerbis aus Italien ist im Bereich der Sitze an den Haltelaschen etwas spröde. Also Vorsicht beim Hantieren.

Alltagstauglich ist die Skorpion mit günstigen Ersatzteilpreisen und einem standfesten Motor allemal. Manche haben vier Cup-Jahre ohne Revision zurückgelegt. Auch eine Auspuffanlage mit U-Kat gibt es nun serienmäßig. Neben Gepäckhaken und Hauptständer bietet sogar das kleine Sitzbrötchen erstaunlichen Komfort. Mit der Originalgeometrie war das gesamte Packet für 400km zum Sachsenring gut, ohne Schmerzen in 5 Stunden Fahrzeit mit Pause. Das Motorräder mit kleinem Hubraum und kleiner Leistung keine Bresche ins Porteeuro hauen, ist ebenso ein Kaufgrund, wie die ausgesprochene Wartungsfreundlichkeit mit Ölbehälter der Trockensumpfschmierung und Kühlwasserausgleichsbehälter unter der hinteren Sitzbank. Außer Ventileeinstellen für knapp 60Euro mache ich alles selber.

Sollte seltenerweise die Elektrik streiken, sind meist nur die Sicherungen hinüber.

Fazit:

Dieser Skorpion sticht nicht nur, er stachelt. Beißt in den Asphalt und will geritten werden. Babbabbam. Irgendwie hat die Fahrweise eines dicken Singles etwas Historisches. Du, der Kolben und die, die es nie kapieren werden. Leistung ist nicht alles. Feeling das allerste. Wie es Monika Schulz passend in Motorrad beschrieb, sitzt man mit der Skorpion Sport auf Landstraßen in der Chefetage. Komme was da wolle und wer bremst gewinnt.

Einziges Manko: Nur nicht stehenbleiben, sonst wird man in Gespräche verwickelt, in denen man staunenden Ungläubigen das alles hier nochmals erzählen muß. Weil es ja so ein hübsches Motorrad wäre. Kein Wunder bei fünf europäischen Designpreisen. Und ein Tag mit der Skorpion geht sooo schnell vorbei.